~~DISCUSSION~~
und weil es im Radio nebenbei immer wieder durchkommt:
Da war diese Woche dieser Nazi (und obwohl sie eigentlich zu dritt waren, sehe ich in der Erinnerung nur ihn). Keine Ahnung, vielleicht um die zwanzig Jahre alt. Auf die Schläfe hatte er irgendwas mit "Kameraden der SS" tätowiert in einer Fraktura-Schrift. Entlang des oberen Bogens der Ohrmuschel (und ermangels eines nichtvorhandenen Haaransatzes, der hätte anderweitig blicklenkend wirken können) krümmte sich dieser Schriftzug und verwies den Blick in Richtug der Nase. Dort prangte rechts und links der Nasenöffnungen, jeweils eine silberne, kleine Kugel - die Enden eines Nasenpiercings. In seiner rechten trug er eine Bierflasche. Sterni, glaub ich.
Neben ihm ging seine Freundin. Ich unterstelle das, ja. Sie schob einen Kinderwagen, war klein, dunkelhaarig und etwas gedrungen. Ich sehe die drei auch deshalb als auf ihn fokussierte Einheit, weil sie, nebst Kinderwagen, ebenso ein Assesoir zu sein schien, wie das Bier in seiner Hand. Er zeigte keinerlei Regung, sich irgendwie mit ihr, geschweige denn mit dem Kind (das ich im Kinderwagen vermutete) weitergehend zu bschäftigen, als dass beide eine Notwendigkeit seines gewünschten Erscheinungsbildes waren. Alles bewegte sich in einer solch gleichmäßigen Korreographie, dass deutlich wurde, dies ist die "Normalität" des Dreigespanns. Und aus der Mitte stach er heraus, wie ein Fü.. für wahr stolz Lenkender.
In dieser konzentrierten Form habe ich selten eine so selbstinszenierte, konsistente, unfreiwillige Parodie gesehen. Die Leute, die irgendwas im Kopf haben (eine Modestil oder ähnliches) und diesen nur unzureichen auf sich adaptieren konnten, sieht man ja relativ häufig im Straßenbild. Er aber war wirklich fantastisch destiliert in seiner Widersprüchlichkeit.
Hier in der Gegend war ja letztens auch sowas ähnliches, wie heute in Berlin und irgendwie ging mir seit dieser Begegnung nur eins dazu durch den Kopf: Genau das ist wohl Demokratie, dass es so etwas gibt - öffentlich.